Kuba Design: Die Welt nach ästhetischen Prinzipien transformieren
Michaela Oberhofer
17.03.2023
Im dritten auf seiner Forschung beruhenden Artikel in der Zeitschrift Brousse zeigt sich Hans Himmelheber fasziniert von der Vielfalt und Lebendigkeit der Kunst bei den verschiedenen Kuba-Untergruppen. Der Wunsch, die Welt ästhetisch zu transformieren, sei das Credo der visuellen Kultur der Kuba.1 Sich künstlerisch zu betätigen war unabhängig von Alter, Geschlecht oder Rang von hoher Bedeutung und trug zum Ansehen einer Person bei. Je sorgfältiger ein Gegenstand gestaltet war, desto wertvoller war er in den Augen der Kuba. Reich verzierte Alltags- und Prestigegegenstände markierten in der hierarchischen Gesellschaft der Kuba den sozialen Status einer Person, spielten aber auch bei Festen und Zeremonien wie Beerdigungen eine zentrale Rolle.
Zu den bekanntesten Objektgattungen, die von Sammlern in grossen Mengen für europäische Museen erworben wurden, gehören die geschnitzten Holzbecher, aus denen Palmwein getrunken wurde. Die Ikonografie variierte von rein geometrischen Mustern bis hin zu anthropomorphen Formen. Auch Trommeln wurden nachgebildet. Gefässe in Form eines menschlichen Gesichtes beziehungsweise einer Maske mit Hörnern waren der königlichen Familie vorbehalten. Für Himmelheber handelte es sich bei den Bechern, die als feine Gesichter mit eckig rasiertem Haaransatz gestaltet waren, um Porträts. Ob einige Formen auf europäische Vorbilder zurückgingen, wie Himmelheber vermutete, ist nicht abschliessend geklärt.2 Auch islamische Schriftbänder seien als Ornamente verwendet und wie bei dem abgebildeten Becher und dem Klistier in die Kuba-Ikonografie überführt worden.
Ebenso beliebt als Sammelobjekt waren reich verzierte Holzdosen mit Deckel in unterschiedlichsten Formen, ob oval, quadratisch oder halbmondförmig. Auch die Architektur (Häuser) sowie die Masken und Korbwaren der Kuba wurden in Form von Dosen nachgebildet. Himmelheber erwarb zahlreiche Exemplare, dokumentierte aber auch detailliert die Herstellung derselben. In den Behältern wurde Rotholzpuder angemischt, das sowohl zur Haar- und Körperpflege als auch zum Färben von Stoffen oder Schnitzereien verwendet wurde. Darüber hinaus diente es rituellen Zwecken, beispielsweise bei Beerdigungen.3 Die länglichen Behälter waren für die Aufbewahrung von Rasiermessern gedacht. Gemäss dem für die Kuba-Kunst typischen Horror Vacui wurde die gesamte Oberfläche mit geometrischen, verschlungenen Mustern bedeckt, die an die textile Kunst der Kuba erinnern. Auch andere Alltagsobjekte wie das kleine Salbtöpfchen, das wunderbar geschwungene Trinkhorn oder das Tontöpfchen waren über und über mit Motiven verziert. Letzteres wurde von einer Töpferin hergestellt.
Eine weiterer Objekttyp, der von Frauen gestaltet wurde, sind die sogenannten mboong itool (von Himmelheber bongotol genannt).4 Dabei handelt es sich um kleine geometrische oder figurative Skulpturen, die aus Rotholzpuder, Sand und Wasser geformt, getrocknet und über dem Feuer geräuchert wurden. Bei Beerdigungen dienten mboong itool als Geschenke für den Verstorbenen, die man unter seinen Kopf und seinen Körper – und später auch mit ins Grab – legte. Die Miniaturen waren Ausdruck von sozialem Rang und wirtschaftlichem Reichtum. Für Himmelheber handelte es sich um kleine Kunstwerke, die – für die Kunst Afrikas durchaus ungewöhnlich – von Frauen erschaffen waren. Gänzlich zur Kategorie L’art pour l’art zählte er die Nachahmung einer Holzdose als Vollplastik in Rotholz, bei der der Deckel nicht mehr zu öffnen war.
Quelle:
Oberhofer, Michaela: Kuba Design: Die Welt nach ästhetischen Prinzipien transformieren. in Nanina Guyer und Michaela Oberhofer (Hg.): Fiktion Kongo. Kunstwelten zwischen Geschichte und Gegenwart. Zürich: Museum Rietberg / Scheidegger & Spiess, 2019
1
Himmelheber, 1940, S. 22. Zur Kunst der Kuba siehe Binkley/Darish, 2009.
2
Himmelheber, 1960, S. 374.
3
Die rote Farbe, die in Belgisch-Kongo als tukula oder ngula verbreitet war, wurde entweder auf pflanzlicher oder mineralischer Basis hergestellt. Die Kuba verwendeten Rotholz (Pterocarpus), das sie aus dem Norden importierten.
Siehe Volper, 2015.
4
Siehe Volper, 2015.