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Das Archiv als gestaltungsgebendes Element

Eine szenografische Perspektive auf die Ausstellung Look Closer

Sonja Koch
17.03.2023

Was ist ein Archiv? Wie sieht ein Archiv aus? Was beherbergt ein Archiv? Welche Funktionen muss ein Archiv erfüllen? Welche formalen Ansätze lassen sich aus dem Archiv als Raum, aber auch inhaltlich ableiten? All diese Fragen habe ich mir gestellt, nachdem ich mit der Gestaltung der Ausstellung Look Closer. Kunst Afrikas im Archiv Hans Himmelheber beauftragt wurde und im Gespräch mit den Mitgliedern des Forschungsprojektes erste Gestaltungsideen diskutiert habe.
Ein Archiv ist selbst ein Raum und räumlich erfahrbar. In der Ausstellung Look Closer soll aber nicht das Archiv kopiert werden. Vielmehr soll der Inhalt  - der Nachlass von Hans Himmelheber - , als auch die Funktionsweise eines Archives im Ausstellungsraum erlebbar werden.
Ein erster gestalterischer Annährungsversuch bedeutetet immer auch eine Bildrecherche. Diese ergab lange Gänge, hohe Regalwände, säurefreie Boxen, die akkurat aufeinander gestapelt sind, Etiketten, die von weitem ein klares Raster ergeben, manchmal auch wirre Bündel in einem Regal. Allen Bildern gemeinsam ist, dass das gesammelte Material im Archiv in den Hintergrund rutscht. Die Struktur eines Archives wird sichtbar.

Auf den zweiten Blick heben sich bei «unserem» Archiv zwei Aspekte heraus: Das Archiv von Hans Himmelheber beherbergt sehr unterschiedliche Medien – eine einheitliche Archivierungsform für alle Medien ist somit unmöglich – und sehr viele einzelne Elemente. Beides sollte räumlich erfahrbar sein.
Auf die Bildrecherche zu Begriff und Form eines Archives folgte die Suche nach Referenzbildern, die den Kern des «Archives» in unserem Sinne trafen und erste Skizzen (Mischformen zwischen 3D, Handskizzen und Collagen) entstanden.

Die ersten Konzeptskizzen zeigen bereits verschiedene Herausforderungen. Einerseits muss die Ausstellungsgestaltung ermöglichen, dass die Komplexität und Tiefe, aber auch Menge des Archives erlebbar ist. Andererseits ist die Erzählung im Raum zu Beginn noch sehr frei: Die Bühne mit Tribüne kommen als zentrales Element im Raum hinzu. Sie lädt die Besuchenden dazu ein, in die Forschungsart von Hans Himmelheber einzutauchen und seine Perspektive einzunehmen. Bühne und Tribüne bilden die symmetrische Mitte im Raum, an der sich auch formal die verschiedene Erzählperspektiven, wie z.B. Forschung damals und heute, Sammeln früher und jetzt, aber auch vergangene und aktuelle künstlerische Perspektiven spiegeln. Gleichzeitig können die Besuchenden ihren Weg durch die Ausstellung frei wählen.

Weitere Handskizzen und ein analoges Arbeitsmodell zeigen, dass die Box als abstrakte Archivschachtel das Potential hat, sowohl das Archiv im Sinne eines aneinander Reihens und Versorgens zu transportieren als auch die unglaubliche Menge der Medien zu zeigen. Die ursprünglich geplante Wandtapete, die weitere unzählige Objekte aus dem Archiv zeigen sollte, verwarfen wir wieder, leiteten unter anderem aber daraus das Raster im Verhältnis 2:3 ab. Es ermöglichte, die Boxen und Flächen über den ganzen Raum verteilt choreografiert anzuordnen, so dass der Inhalt adäquat vermittelt werden kann.

In diesem Stadium der Planung herrscht nach wie vor ein Spannungsfeld zwischen klarere Besucherführung durch die verschiedene Inhalte und einem freien Bewegungsfluss durch den Raum. Gelöst wird dieses Spannungsfeld durch klare thematische Leitplanken links und rechts im Raum (Längsseiten) und eine dominante Längs- und Querachse, deren Mittelpunkt die Bühne bildet. Ein Handout mit Anhaltspunkten (Plan, Nummerierung, Texte) hilft den Besuchenden, sich frei im Raum bewegen zu können.

Die grobe Form und Position der Ausstellungsmodule steht nun. Es geht weiter in die Detailplanung: Wie manifestiert sich der Archivgedanke in Material und Farbe? MDF grey unbehandelt schien die beste Lösung zu sein, kombiniert mit zwei kräftigen Farben, die mit dem MDF harmonisieren. Unbehandeltes MDF erinnert an Archiv-Schachtel-grau. Es wirkt etwas verstaubt. Die graue Farbe ist zurückhaltend und lässt den Objekten den Raum. Die kräftigen Farben an Wand und als Akzente in der Beschriftung holen die Objekte ins Hier und Jetzt zu den Besuchenden.

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